Wir schreiben das Jahr 1963: In der Schlacht um Gettysburg stehen sich die Truppen der Nord- und Südstaaten erbittert gegenüber. Es sollte die vielleicht entschiedenste Auseinandersetzung des Amerikanischen Bürgerkrieges werden, ganz sicher war es die blutigste: Nach 3 Tagen Pulverkampf, Kanonendonner und Säbelrasseln bleiben 44.000 Männer kampfunfähig zurück, insgesamt beklagen beide Seiten rund 5.500 Tote.
Auf der anderen Seite des Atlantiks, im beschaulichen Freiberg, bekommen die beiden deutschen Chemiker Ferdinand Reich und Theodor Richter von den Kämpfen nur wenig mit. Sie suchen in einer Probe nach Spuren von Thallium und stoßen dabei auf eine indigofarbene Spektrallinie. Schon bald ist ihnen klar: Sie haben ein neues Element entdeckt. Ein Element, dem die Farbe der Spektrallinie später ihren Namen verdankt: Indium.
In größeren Mengen wird es in der Öffentlichkeit erstmals 1867 auf der Weltausstellung in Paris präsentiert, im Zweiten Weltkrieg begann dann die kommerzielle Nutzung als Beschichtung von Lagern in Flugzeugmotoren. Und Indium schickt sich an, die Welt zu erobern: Es findet sich heute in allen Displays, im iPhone wie im Flachbildschirm, im Handy wie am Computer – Dinge, nach denen das 21. Jahrhundert förmlich giert.
Bereits 2006 werden alleine für die Herstellung von Displays schon 230 Tonnen der gesamten Weltjahresförderung von 600 Tonnen benötigt; bis 2030 sagt das renommierte Fraunhofer Institut einen Jahresbedarf von gigantischen 1.580 Tonnen voraus. Dabei gilt China als der größte Lieferant mehr als 50% der Produktion stammen aus dem Reich der Mitte. Und dort sind auch die größten Vorkommen der weltweiten Reserven zu finden – geschätzt 8.000 von insgesamt noch 11.000 Tonnen.
Das silbrig glänzende Indium ist in Reinform sehr weich: Man könnte Figuren daraus schnitzen oder ihm mit dem Fingernagel eine Kerbe verpassen. Doch wenn man es biegt, wehrt es sich: Die Kristalle brechen, sammeln sich neu und erzeugen dabei ein quietschendes Geräusch – sie schreien förmlich. Genau wie einst die tausenden Verletzten bei Gettysburg.
Mehr über Indium in diesen Blogartikeln:
Spezifikationen:
Schmelzpunkt: 156,6°C
Spezifisches Gewicht: 7,31 g/cm3
Farbe: Silberweiss
Siedepunkt: 2080°C
Weltjahresproduktion ca.: 600 Tonnen
Massenanteil / Erdhülle: 0,1 ppm
Wertentwicklung:
Im Jahr 2021: +38,81%
Im Jahr 2022: – 1,40%
bis 28.6.2023: – 3,37%
Verwendung:
Die deutschen Chemiker Ferdinand Reich und Theodor Richter entdeckten Indium im Jahr 1863 an der Bergakademie Freiberg. Ursprünglich suchten sie nach Thallium in einer Sphalerit-Probe, die sie in der Umgebung fanden. Doch zu ihrer Überraschung stießen sie stattdessen auf eine bisher unbekannte indigoblaue Spektrallinie im Absorptionsspektrum. Dieser spektakuläre Fund führte zur Entdeckung eines neuen Elements, das später den Namen Indium erhielt.
Kurz darauf gelang es Reich und Richter, Indiumchlorid und -oxid herzustellen. Durch die Reduktion von Indiumoxid mit Wasserstoff konnten sie schließlich das Metall gewinnen. Die erste größere Menge Indium wurde auf der Weltausstellung 1867 in Paris der Öffentlichkeit präsentiert.
Indium fand in den folgenden Jahren erste Anwendungen, insbesondere als Legierungsbestandteil in Zahngold ab 1933. Doch sein umfangreicher Einsatz begann erst mit dem Zweiten Weltkrieg. Die Vereinigten Staaten nutzten es als Beschichtung in hochbeanspruchten Lagern von Flugzeugen. Nach dem Krieg erlebte Indium eine rasante Verbreitung in der Elektronikindustrie, als Lötmaterial und in niedrig schmelzenden Legierungen. Besonders in Kontrollstäben von Kernreaktoren wurde Indium aufgrund der zunehmenden Nutzung der Kernenergie immer wichtiger. Diese gesteigerte Nachfrage führte bis 1980 zu einem deutlichen Anstieg des Indiumpreises.
Jedoch änderte sich die Situation nach dem Reaktorunfall von Three Mile Island. Die Nachfrage nach Indium ging zurück, und damit auch der Preis. Doch die Geschichte von Indium hatte noch viele Überraschungen parat. Ab 1987 wurden zwei neue Indiumverbindungen entwickelt: Indiumphosphid, ein Halbleiter, und Indiumzinnoxid, ein Material, das in dünnen Schichten leitend und durchsichtig ist.
Besonders Indiumzinnoxid wurde mit der Entwicklung von Flüssigkristallbildschirmen technisch interessant. Da diese Bildschirme immer mehr Verbreitung fanden, stieg auch der Bedarf an Indium rasant an. Seit 1992 wird der größte Teil des produzierten Indiums zu Indiumzinnoxid weiterverarbeitet.
Heute spielt Indium eine entscheidende Rolle in der modernen Technologie. Neben seiner Verwendung in Flüssigkristallbildschirmen findet man Indium auch in Solarzellen, Touchscreens, Mikrochips und LED-Technologie. Es ist ein wichtiger Bestandteil in der Elektronik und Telekommunikation. Darüber hinaus ist Indium für die Herstellung von Dünnfilmbeschichtungen in der Glasindustrie von großer Bedeutung.
Obwohl Indium auf der Erde nicht sehr häufig vorkommt, hat es sich durch seine einzigartigen Eigenschaften zu einem unverzichtbaren Element in der modernen Technologie entwickelt. Die Entdeckung von Indium durch Reich und Richter vor über 150 Jahren hat die Welt der Wissenschaft und Technik nachhaltig beeinflusst und wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
Vorkommen
Indium ist ein äußerst seltenes Element in der kontinentalen Erdkruste. Sein Anteil beträgt nur 0,05 ppm, vergleichbar mit Silber und Quecksilber. Bisher wurde Indium nur einmal in gediegenem Zustand im östlichen Sibirien gefunden. Indium-Minerale sind ebenfalls selten, darunter Indit FeIn2S4 und Roquésit CuInS2, hauptsächlich in sulfidischen Formen. Die größten Vorkommen befinden sich in Zinkerzen, insbesondere Sphalerit. Die theoretischen Reserven werden auf 6000 Tonnen geschätzt, wirtschaftlich abbauwürdig sind jedoch nur 2800 Tonnen. Kanada und China besitzen die größten Lagerstätten, aber auch in Ländern wie Australien, Bolivien, Brasilien, Japan, Russland, Südafrika, den USA und einigen europäischen Ländern gibt es indiumhaltige Erze.
Gewinnung
Die Gewinnung von Indium erfolgt fast ausschließlich als Nebenprodukt bei der Produktion von Zink oder Blei. Es reichert sich in bestimmten Produktionsprozessen an, wie beispielsweise in den Flugstäuben während des Röstens von Zinksulfid oder den Rückständen der Elektrolyse bei der nassen Zinkherstellung. Diese werden durch Schwefelsäure oder Salzsäure in Lösung gebracht. Aufgrund der geringen Konzentration an Indium muss die Lösung angereichert werden, etwa durch Extraktion mit Tributylphosphat oder Fällung als Indiumphosphat.
Die eigentliche Gewinnung von Indium erfolgt elektrolytisch. Eine Lösung von Indium(III)-chlorid in Salzsäure wird verwendet und mit Hilfe von Quecksilberelektroden zu elementarem Indium umgesetzt. Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Lösung kein Thallium mehr enthält, da die Standardpotentiale beider Elemente sehr ähnlich sind. Durch spezielle Verfahren kann das Rohprodukt weiter gereinigt werden, und so wird über 99,99 % reines Indium gewonnen.
Die Produktion von Indium lag im Jahr 2020 bei insgesamt 960 Tonnen.
Die Rangliste der Produktionsländer:
Der Großteil der Indiumproduktion erfolgt in China, wo sie in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Im Jahr 1994 lag die produzierte Menge noch bei lediglich 10 Tonnen. Die Nachfrage nach Indium ist jedoch größer als die Produktion, wodurch der Preis in den letzten Jahren stark gestiegen ist.
Eigenschaften
Indium ist ein silbrig-weißes Metall mit einzigartigen physikalischen und kristallographischen Eigenschaften. Sein niedriger Schmelzpunkt von 156,5985 °C macht es zu einem der wenigen Metalle, die flüssig über einen großen Temperaturbereich von fast 2000 °C vorliegen können. Dabei hinterlässt flüssiges Indium einen dünnen und haltbaren Film auf Glas, ähnlich wie das verwandte Element Gallium.
Die Duktilität von Indium ist bemerkenswert hoch, und seine Mohs-Härte von nur 1,2 bedeutet, dass es mit einem einfachen Messer geschnitten werden kann. Dabei hinterlässt es jedoch auf Papier einen sichtbaren Strich. Eine weitere faszinierende Eigenschaft von Indium ist seine Supraleitfähigkeit unterhalb einer Sprungtemperatur von 3,41 Kelvin. Eine Gemeinsamkeit, die es mit Zinn teilt, ist das charakteristische Geräusch, das beim Verbiegen von Indium entsteht, bekannt als „Zinngeschrei“.
Kristallographisch kristallisiert Indium im tetragonalen Kristallsystem mit der Raumgruppe I4/mmm. In dieser Struktur ist ein Indiumatom von zwölf weiteren Atomen umgeben, wobei vier aus benachbarten Elementarzellen stammen und einen geringeren Abstand aufweisen als die acht Atome an den Ecken der Elementarzelle. Die Kristallstruktur kann daher als eine tetragonal verzerrte, kubisch-dichteste Kugelpackung beschrieben werden. In Hochdruckexperimenten wurde eine weitere Modifikation entdeckt, die oberhalb von 45 GPa stabil ist und im orthorhombischen Kristallsystem mit der Raumgruppe Fmmm kristallisiert.
In chemischer Hinsicht ähneln die Eigenschaften von Indium denen seiner Gruppennachbarn Gallium und Thallium. Als unedles Element kann es bei hohen Temperaturen mit vielen Nichtmetallen reagieren. An der Luft ist Indium bei Raumtemperatur jedoch stabil, da sich ähnlich wie bei Aluminium eine dichte Oxidschicht bildet, die das Metall durch Passivierung vor weiterer Oxidation schützt. Erst bei hohen Temperaturen erfolgt die Reaktion zu Indium(III)-oxid.
Obwohl Mineralsäuren wie Salpetersäure oder Schwefelsäure Indium angreifen können, ist es nicht löslich in heißem Wasser, Basen und den meisten organischen Säuren. Selbst Salzwasser greift Indium nicht an. Eine weitere interessante Eigenschaft von Indium ist seine hohe Löslichkeit in Quecksilber bei Raumtemperatur, wodurch es zu den am besten löslichen Metallen in Quecksilber zählt.
Anwendungen
Indium ist ein vielseitig einsetzbares Metall, dessen Einsatz jedoch durch seine Seltenheit und den hohen Preis begrenzt ist. Obwohl der Großteil des produzierten Indiums zu Verbindungen weiterverarbeitet wird, gibt es dennoch eine Reihe von Anwendungen, in denen das Metall direkt eingesetzt wird.
1. Galvanische Überzüge:
Indium wird häufig für galvanische Überzüge auf metallischen Werkstücken verwendet, um sie vor Korrosion durch organische Säuren oder Salzlösungen zu schützen. Diese beschichteten Werkstoffe, wie Stahl, Blei oder Cadmium, sind beständiger gegen Abrieb und halten extremen Bedingungen stand.
2. Spiegel:
Mit einer hohen und gleichmäßigen Reflexionsrate über alle Farben hinweg eignet sich Indium beschichtetes Material ideal für die Herstellung von Spiegeln.
3. Temperaturskala:
Der präzise Schmelzpunkt von Indium macht es zu einem der Fixpunkte bei der Aufstellung der Temperaturskala. In der Dynamischen Differenzkalorimetrie (DSC) wird diese Eigenschaft genutzt, um Geräte zu kalibrieren.
4. Steuerstäbe in Kernreaktoren:
Indium ist aufgrund seines hohen Einfangquerschnitts für langsame und schnelle Neutronen ein geeignetes Material für Steuerstäbe in Kernreaktoren. Es wird auch als Neutronendetektor eingesetzt und findet Verwendung in Indiumdichtungen in Kryostaten.
5. Löten:
Indium spielt eine wichtige Rolle als Lot für verschiedene Materialien. Aufgrund seiner geringen Verformung beim Abkühlen eignet es sich besonders für das Löten von Halbleitern in Transistoren. Zudem kann es nicht-metallische Stoffe wie Glas und Keramik verlöten.
6. Legierungen:
Indium kann mit vielen Metallen legiert werden, wodurch interessante Eigenschaften entstehen. Legierungen mit Wismut, Zinn, Cadmium und Blei haben beispielsweise niedrige Schmelzpunkte von 50–100 °C und werden in Sprinkleranlagen, Thermostaten und Sicherungen verwendet. Indium-Gallium-Legierungen besitzen sogar noch niedrigere Schmelzpunkte und finden Anwendung in Hochtemperaturthermometern. Eine bemerkenswerte Legierung ist Galinstan, eine Gallium-Indium-Zinn-Legierung, die bei Raumtemperatur flüssig ist und als ungefährlicher Ersatz für Quecksilber oder Natrium-Kalium-Legierungen dient.
7. Magnetische Werkstoffe:
Indium wird mit Kupfer, Mangan und Magnesium legiert und in magnetischen Werkstoffen verwendet.
8. Amalgamfüllungen:
Gelegentlich wird Indium in geringem Maß (maximal 5 %) mit Silber, Zinn, Kupfer, Quecksilber und Zink als Beimischung in Amalgamfüllungen verwendet.
9. Speicherschicht in CD-RWs:
Indium findet Anwendung in der Speicherschicht von CD-RWs.
Trotz der Seltenheit und des hohen Preises von Indium hat dieses faszinierende Metall eine breite Palette von Anwendungen und Verwendungen gefunden. Von der Kernreaktortechnologie über das Löten bis hin zu galvanischen Überzügen und Legierungen, Indium ist ein unverzichtbares Element in vielen modernen Anwendungen und trägt dazu bei, innovative Technologien voranzutreiben. Mit der ständigen Weiterentwicklung der Materialwissenschaften und der Technologie werden auch in Zukunft weitere Anwendungen für Indium entdeckt werden, die unser Leben und unsere Industrie noch effizienter und nachhaltiger gestalten können.
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